Wege zur Gewinnung neuer Franchise-Partner gibt es viele: Systemdarstellungen auf Internetportalen wie dem Franchiseportal, die Nutzung von spezialisierten Gründerberatungen wie Frannet, Franchise-Messen oder eigene Informationsveranstaltungen für Franchise-Gründer. Anfragen von potenziellen Franchise-Partnern zu erhalten ist dabei für Systemzentralen weniger schwierig, als ein effektives Mittel zu finden, wirklich gute Partner schnell zu identifizieren. Einige Franchise-Systeme setzen zur Selektion auf Wettbewerbe, bei denen Anreize für Franchise-Kandidaten geschaffen werden, sich schon in der Bewerbungsphase als Unternehmer zu beweisen. Zwei Beispiele.
Franchise-Fitness-Kette Mrs.Sporty: Wettbewerb mit fiktivem Budget
Das jüngste Beispiel für einen Wettbewerb zur Franchise-Nehmer-Gewinnung liefert die Frauen-Fitness-Kette Mrs.Sporty, die seit 2004 massiv expandiert und noch in diesem Jahr ihren 500. Standort eröffnen will. Für den Mrs.Sporty-Wettbewerb können sich potenzielle Franchise-Nehmer noch bis zum 10. Mai 2011 unter www.franchiseportal.de/mrssporty anmelden. Die Teilnehmer müssen mit einem fiktiven Budget von 5.000 Euro ein Marketingkonzept für die Eröffnung eines Mrs.Sporty Clubs entwickeln. Die fünf Besten werden nach Berlin zu einem eintägigen Auswahlverfahren eingeladen, „um vor einer Jury zu beweisen, wer das einzigartige Trainings- und Ernährungskonzept am besten verkörpern kann.“ Der Gewinner erhält Leistungen im Wert von 7.900 Euro vom Unternehmen für die Gründung eines Mrs.Sporty-Clubs. Entscheidet sich der Gewinner für eine Franchise-Partnerschaft mit Mrs.Sporty, kommen mindestens 47.000 Euro als Investitionssumme auf ihn zu.
Franchise-System Isotec: Mehrstufiger Wettbewerb
2009 startete der Sanierungsspezialist Isotec den Franchise-Gründer-Wettbewerb „Boss-Challenge“. Dabei wurden die etwa 50 Teilnehmer zunächst einem Online-Kompetenz-Test in Bereichen wie Mitarbeiterführung, Kundenorientierung und Werteorientierung unterzogen. Es folgte ein sportlicher Wettbewerb, bei dem Mut und Teamgeist bewiesen werden konnten. Die acht Finalisten traten schließlich in einem mit diversen Aufgaben verbundenen Orientierungslauf gegeneinander an. Der Gewinner erhielt 10.000 Euro Startkapital und ein Coaching für den Start ins Unternehmerdasein.
Können gruppendynamische Verfahren helfen?
Die Wettbewerbe erinnern an die Verfahren, die in Assessment-Centern zu Einsatz kommen. Da auch Franchise-Gründer als Unternehmer in der Regel mit umfassenden Managementaufgaben befasst sind, scheint die Schaffung einer Gruppen- bzw. Wettbewerbssituation mit Hilfe eines solchen Franchise-Nehmer-Wettbewerbs als interessantes Instrument, um geeignete Führungskräfte zu identifizieren. Übliche Verfahren zur Auswahl geeigneter Franchise-Nehmer betonen oft betriebswirtschaftliche Aspekte der Franchise-Gründung wie z. B. die Erstellung eines Business Plans oder die Finanzierung des Gründungsvorhabens. Führungs- und Management-Skills lassen sich dabei kaum prüfen. Nicht umsonst klagen viele Franchise-Geber über mangelndes Engagement und Unternehmer-Bewusstsein bei (potenziellen) Franchise-Nehmern. Gruppendynamische Methoden, die unternehmerische Fähigkeiten in simulierten Situationen erkennbar machen, könnten hier sowohl für Franchise-Kandidaten als auch für Franchise-Geber wertvolle Erkenntnisse liefern. Denn werden Assessment-Verfahren so gestaltet, dass sie die Unternehmenskultur abbilden, erfahren beide Seiten frühzeitig, ob eine zufriedene Franchise-Partnerschaft wahrscheinlich ist. Ob Wettbewerbe zugleich als Marketingaktion inszeniert werden oder still ins Auswahlverfahren integriert werden, lässt ebenfalls Rückschlüsse auf die Kultur des jeweiligen Franchise-Systems zu.
Kennen Sie weitere Beispiele für Wettbewerbe oder gruppendynamische Verfahren zur Auswahl geeigneter Franchise-Nehmer? Halten Sie dies für ein angemessenes Mittel? Diskutieren Sie mit und informieren Sie unsere Leser mit Ihrem Kommentar.
Wie in der Personalberatung auch gibt es in der Auswahl von Franchise-(Unter-)Nehmern viele Möglichkeiten die für den jeweiligen Franchisegeber interessanten Unternehmerpotenziale heraus zu finden. Neben den berufs-biographischen z.B. auf Grund von Lebensläufen (CV) und systematisch-vergleichenden Instrumenten, wie sie das strukturierte Bewerber-Interview bietet findet man auch gruppenbasierte Auswahlverfahren in Assessmentcentern oder Einzeltestverfahren in sogenannten Potenzialanalysen.
Verschiedene Vergleichsstudien haben gezeigt, dass die sogenannte Konstruktionsvalidität, d.h. die Vorhersagekraft von solchen Eignungstests keine 100%ige Aussagen zulassen. Dazu stehen auch zu viele „systemische“ Einflussfaktoren später im Alltag „dagegen“.
Was bedeutet das also im Hinblick von Alltagstauglichkeit und Wirtschaftlichkeit?
1. Grundsätzlich ist eine Kombination von verschiedenen Ansätzen, wie z.B. berufs- oder rollenrelevante, IQ-, Persönlichkeits- und Verhaltenstestverfahren neben der klassischen Bewerberanalyse auf Grund Anschreiben, CV und Referenzen/Zeugnissen sinnvoll, da sich eventuelle Nach- und Vorteile ergänzen können.
2. Nicht nur die Konstruktion spielt eine Rolle sondern auch der Umgang mit diesen Verfahren. D.h. es erfordert eine intensive Ausbildung, Einarbeitung und praktische Erfahrung um die Aussagekraft der eingesetzten Verfahren nicht zu verfälschen. Entsprechende Mitarbeiter müssen also intensiv geschult werden bevor der Umgang in der Praxis angewendet wird.
3. Je individueller und persönlicher die Ansätze sind, desto mehr Informationen erhält man zwar über die Eignung des Kandidaten, aber es sind auch gleichzeitig weniger Vergleichsmöglichkeiten gewährleistet und die Kosten der Auswahl steigen durch die benötigte Auswahlzeit enorm. Diesen Nachteil scheinen gruppendynamische Testverfahren wie Assessmentcenter nicht zu haben. Denn hier kann man den Einzelnen durch den Vergleich mit der Gruppe gut beobachten und gewinnt gleichzeitg viel Information. Dagegen spricht, neben differierenden Gruppenstärken und -stimmungen auch hier die unter „2.“ genannten Punkte und berücksichtigen möglicherweise die „Qualitäten“ des eben „Selbst“ – ständigen Unternehmers zu wenig?!
Aus meiner Sicht ist man als Franchisegeber also gut beraten, entweder eine spezielle Personalauswahl-/Rekruitierungs – Abteilung aufzubauen oder mit einem externen Berater zusammen zu arbeiten, der auf eine gewisse Erfahrung in der Auswahl von Franchise-(Unter-)Nehmer zurück blicken kann. Ebenfalls wichtig ist es sich eine gewisse „Lernzeit“ zu geben, mit dem Ziel die Trefferhäufigkeit methodisch zu verbessern.
Und eines sollte jeder Franchisegeber beachten: Das Image wird positiv beeinflusst, wenn er dem potenziellen Franchise-(Unter-)Nehmer ein professionelles und nachvollziehbares Feedback ermöglicht und ihn eine klare Ab- oder Zusage gibt.